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Kehrsiten-Hostettli

Kehrsiten-Hostettli

Es war damit zu rechnen, dass die Franzosen versuchen würden, am flachen Ufer bei Kehrsiten zu landen. Deshalb hatten die Nidwaldner eine Schanze mit Balken und Steinen errichtet und hier 40 Mann stationiert. Sechs davon waren Artilleristen, die über eine kleine Kanone verfügten. Diese wurde schliesslich im See versenkt, damit sie nicht den Franzosen in die Hände fiel. – Seit 1378 gehört der Wald hinter Kehrsiten mit der Untermatt bis hinauf zur Wasserscheide zu Luzern.
Kehrsiten-Hostettli
➛ Jean Dupont, Tirailleur
➛ Franz Waser, genannt «Zingg»

Jean Dupont, Tirailleur

«Als frühmorgens Rauch aus den Häusern stieg, dachten wir, die Nidwaldner seien am Frühstück und griffen an.»
nach Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 398
Kehrsiten
Johann Heinrich Meyer (1755–1829): Kehrsiten vor 1798 (links) und nach dem Franzoseneinfall, 1800, nach Ludwig Hess (1760–1800) (Ausschnitt)
Zentralbibliothek Zürich
«Wir glaubten, der Zeitpunkt sei günstig. Sieben Schiffe bekamen das Zeichen zum Angriff, aber die Nidwaldner waren auf ihren Posten. Sie beschossen uns so heftig, dass in einem einzigen Schiff von uns 60 Kameraden verwundet wurden. Wir warfen die Toten in den See – schweren Herzens, aber was hätten wir denn sonst tun sollen?!»
nach Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 437

Geschichte weiterdenken

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den toten französischen Soldaten, die in den See geworfen werden mussten, und den wütenden Attacken, die darauf folgten?

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Jean Dupont hat viel zu erzählen

«Schon in den ersten Septembertagen wurden wir in Kehrsiten von den Nidwaldnern mit zwei Geschützen und einer Kanone beschossen. Am Samstag, 8. September, wurde der Kampf ernst. Wir näherten uns Kehrsiten mit mehreren Schiffen und Flossen, bestückt mit Kanonen. Doch die Nidwaldner Besatzung, etwa 40 Mann, wehrte sich mit allen Mitteln. Ein Kanonenschuss durchbohrte eines unserer Schiffe mit vielen Leuten, worauf wir uns zurückzogen. – Für die Behörden in Luzern und Schauenburg war es übrigens nicht leicht gewesen, Schiffleute zu bekommen, denn die wussten natürlich, was ihnen bevorstand. Deshalb sah sich unser General genötigt, dem Schiffe, das zuerst landen würde, 1‘000 Taler zu versprechen.

Und wir, der grosse Haufen?! Wir sollten diese Bergflanke erstürmen, ein Gelände, das die Nidwaldner wie ihren Hosensack kannten! Nachdem wir die Lage in Kehrsiten beherrschten, brannten wir fast alle Gebäude nieder, insgesamt 18 Häuser, ebenso die meisten Ställe. Nur vier Häuser liessen wir aus, in der Hostatt und Mettlen, in der Etzmatt und am Berge, dazu drei Ställe. Die Kapelle wurde erst gegen Abend verbrannt.

Als Erstes legten wir nun unsere Habersäcke und das Gepäck ab. Die hätten uns beim Hinaufsteigen und beim Kampf im Gelände nur behindert. Eine Besatzung von uns blieb in Kehrsiten. Den Nidwaldnern ist nicht zu trauen.»

Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 370 und 399

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Reise zu den Ruinen von Unterwalden

Kehrsiten
Kehrsiten
Johann Heinrich Meyer (1755–1829): Kehrsiten vor 1798 (links) und nach dem Franzoseneinfall, 1800, nach Ludwig Hess (1760–1800)
Zentralbibliothek Zürich, graphische Sammlung und Fotoarchiv

Die Skizze von Kehrsiten, angefertigt vor 1798, gibt zusammen mit ihren Erläuterungen willkommenen Aufschluss über die kleine Siedlung am seeseitigen Fuss des Bürgenbergs und stammt zudem von einem bemerkenswerten Zeichner.

Johann Heinrich Meyer (1755–1829), der Schöpfer dieser Handzeichnungen – so nannte er seine Arbeiten –, lebte in Zürich und führte neben seiner künstlerischen Tätigkeit ein Kolonialwarengeschäft.

«Die Ereignisse von 1798 beschäftigten den Artillerieleutnant Meyer sehr. In Zürich setzte er sich gegen Ungerechtigkeiten der helvetischen Regierung ein, aber auch Revolutionsmeldungen aus anderen Teilen der Schweiz empörten sein vaterländisches Herz. So entsetzte er sich über die Niederwerfung des Nidwaldner Volkes durch die französischen Truppen aufs höchste. Er wollte selber an Ort und Stelle von den Zerstörungen und Verwüstungen einen Augenschein nehmen, doch erst im Juli 1800 konnte er seine geplante Reise in die lnnerschweiz verwirklichen. Meyer wanderte von Ort zu Ort, um die Leute zu befragen und nach der Natur zu zeichnen. Mit einer vollen Skizzen- und Skriptenmappe kehrte er nach Hause zurück. Gleich fing er an zu radieren und die gesammelten Notizen auszuarbeiten. ‹Oft durch Thränen unterbrochen, zeichnete ich die heiligen Stellen in mein Taschenbuch, wo ein misskanntes Volk in seinem unglücklichen Edelsinn fiel›, schrieb er. Gegen Ende des Jahres 1801 war sein Werk ‹Die Ruinen von Unterwalden›, zwölf geätzte Blätter mit Text, erschienen und hatte reissenden Absatz gefunden. Diese Arbeit genügte ihm nicht, und er entschloss sich, jeden einzelnen Moment ‹Unterwaldens im Herbstmonat 1798› zu schildern. Jahrelang arbeitete er an diesem Thema, bis er 1814 einen stattlichen Folianten mit Widmung der Stadtbibliothek Zürich übergeben konnte.»

Marianne Baltensperger und Regine HelbIing: Der 9. September 1798 im Historienbild, in: 1798 – Geschichte und Überlieferung. Stans 1998, S. 275–323, hier S. 311

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Kehrsiten hat «schmackhaftestes Obstgemühse»

Die Skizze von Johann Heinrich Meyer, entstanden vor 1798, enthält mehrere geografische Erklärungen. So etwa notierte er: «Hammerschwand [nicht Hammetschwand] höchste Spize des Bürgenbergs». Aufschlussreicher sind die folgenden Eintragungen: «Dörflein Kirsiten oder Kersiten wurde ganz eingeäschert bis an einige Häuser an der Matt [links]. – Caplaney errichtet im Jahr 1769, zerstört 1798— vortreffliches Gelände für die schmackhaftesten Obstgemühse, Kastanien, Nüssen etc.»

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Der Maler Ludwig Hess

Ludwig Hess um 1790
Ludwig Hess um 1790,
Gemälde von Heinrich Freudweiler (1755–1795)
Wikipedia
Ludwig Hess (1760–1800) nahm die Skizze von Johann Ludwig Meyer von Kehrsiten als Vorlage und malte im Jahr 1800 Kehrsiten nach der Zerstörung durch die Franzosen, die zwei Jahre vorher stattgefunden hatte. Hess erlernte vorerst den Beruf seines Vaters und wurde Metzger, liess sich aber seit jungen Jahren zum Maler ausbilden und ging 1794 nach Florenz und Rom. Als Landschaftsmaler machte er sich vor allem einen Namen durch die Werke «Der Montblanc», «Das Rütli» und «Die Tellskapelle».

Franz Waser, genannt Zingg, Kanonier, vom Berggut Zinggli am Ennetbürgen

«Damit die Kanone nicht den Franzosen in die Hände fiel, versenkte ich sie im See. Es war der Anfang vom Ende.»
nach Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 401f.
Der Abwehrkampf von Franz Waser
Der Abwehrkampf von Franz Waser, genannt Zingg, bei Kehrsiten, Druckgraphik von 1893 (Ausschnitt)
Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern
«In Todesangst bekam ich ungeahnte Kräfte. Mein wütender Abwehrkampf hatte den Franzosen offenbar Eindruck gemacht. Als General Schauenburg später von mir hörte, bot er mir Straffreiheit an und sogar eine Belohnung, wenn ich vor ihm erscheine. Aber ich hatte keine Lust, mich von den Franzosen begaffen zu lassen und verzichtete.»
nach Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 401f.

Geschichte weiterdenken

Warum entsteht bei einzelnen Schilderungen der Kämpfe am Bürgenberg der Eindruck, die Nidwaldner hätten gegen die Franzosen gesiegt?

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Zingg berichtet über das Kampfgeschehen in Kehrsiten

«Kehrsiten war nicht so stark befestigt wie Stansstad, aber wir hatten immerhin 40 Mann, davon 6 Artilleristen, eine kleine Kanone, eine Schanze mit Balken und Steinen. Leicht war es für die Franzosen auch hier nicht. Auf eine Heilige Messe wurde am 9. September 1798 verzichtet. Die Leute sollten auf ihren Posten bleiben. Statt wie gewohnt die Kanone von Beginn weg als Hauptwaffe einzusetzen, machten wir es umgekehrt. Unsere Scharfschützen waren fast nirgends zu sehen. Sie hatten sich sehr gut versteckt. Unsere Besatzung war auf der Hut und beobachtete alles genau, was auf dem See vorging.

Als die Franzosen mit ihren Schiffen auf Schussdistanz herangekommen waren, feuerten wir aus allen Rohren, schliesslich auch mit der Kanone. Die erste Landung gelang den Franzosen deshalb nicht in Kehrsiten, sondern in Hüttenort. Aber auch unsere Besatzung musste Kehrsiten schliesslich räumen. Als Letzter schoss ich mit der Kanone noch, solange es nur ging. Zuletzt drehte ich das Rohr landeinwärts, um damit auf die bereits gelandeten Franzosen zu schiessen. Als ich jedoch erkannte, dass das Geschütz demnächst den Franzosen in die Hände fallen werde, stiess ich es über das Ufer und versenkte es im See.

Der französische Anführer schrie seinen Leuten zu, sie sollten nicht auf mich feuern, sondern mich lebend fangen. Einige der Mutigsten näherten sich mir darauf. Aber ich drosch so wütend mit dem Kanonen-Wischer um mich, dass ich die einen niederschlug, die andern sich nicht mehr heranwagten. Als jedoch immer mehr Gegner anrückten und sich fünf Schiffe dem Ufer näherten, stürmte ich in das nächste Haus, um meinen Rock und Habersack herauszunehmen, jagte die plündernden Franzosen, welche bereits hier eingedrungen waren, zur Stube hinaus und entkam glücklich auf die Trittweid.»

nach Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 401f.

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Der Übermacht standhalten, jedenfalls in der Erinnerung – Kommentar zum Bild «Der Abwehrkampf von Franz Waser»

Der Abwehrkampf von Franz Waser
Der Abwehrkampf von Franz Waser, genannt Zingg, bei Kehrsiten, Druckgrafik 10 x 14 cm, 1893
Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Graphische Abteilung

Zingg hat einen Franzosen niedergeschlagen und holt erneut aus, gleichzeitig bedroht von drei Gegnern mit aufgepflanzten Bajonetten. Der französische Anführer scheint mit dem Zeigefinger anzudeuten, man soll ihm diesen hünenhaften Kerl lebend herbringen. Zingg trägt, wie auf solch heldischen Darstellungen üblich, eine Uniform, die zu einem Bauern vom Berggut Zinggen ob Ennetmoos zwar überhaupt nicht passt. Aber der Zeichner wollte ihn hundert Jahre später den Nidwaldnerinnen und Nidwaldnern so in Erinnerung rufen.

In der Illustration zu Franz Waser wird erkennbar, was man als typisch für alle diese Heldendarstellungen bezeichnen kann: Der Nidwaldner hält – indem er die Stange schwingt – vom Betrachter aus gesehen den Arm vor sein Gesicht. Damit ist er nicht mehr ein bestimmtes Individuum, sondern ein beliebiger Einzelkämpfer, der sich mutig dem Feind stellt. Jeder männliche Betrachter soll sich mit ihm identifizieren, sich angesprochen fühlen. Am Ende des 19. Jahrhunderts wird auf Denkmälern und Darstellungen oft der namenlose Held zum Vorbild, der das breite Publikum ansprechen und zur Identifikation herausfordern soll.

Diese Veränderung des Heldenbildes ist stark mit der grösseren Verbreitung der Darstellungen durch das Medium der Druckgraphik verbunden. Gemälde wurden reproduziert und in Büchern, Kalendern und Zeitungen abgedruckt, Texte konnten mit graphischen Blättern illustriert werden.

nach Marianne Baltensperger und Regine HelbIing: Der 9. September 1798 im Historienbild, in: 1798 – Geschichte und Überlieferung. Stans 1998, S. 275–323, hier S. 289f.

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Schwerste Kampfverletzungen

«Joseph Felix Leonz Joller, Sohn des Joseph Leonz und der Maria Veronika Gut, geboren 19. Wintermonat [November] 1780, folglich im 18. Jahre, Bruder des Kirchmaier Jakobs selig. Laut Stammbuch wurde dessen Kopf von einer Kanonenkugel vom See her zu Kehrsiten zerschmettert. Laut andern Berichten von Augenzeugen war er am 9. Herbstmonat zu Kehrsiten Kanonier bei der Feldschlange, mit welcher während der Woche und noch am Morgen gegen die feindlichen Schiffe Grosses gewirkt wurde, und kaum vor der Landung ward Joller von einem Stück Holz, das durch eine Kanonenkugel von den Balken an der Schanz weggeschlagen worden war, am Kopf so zerschmettert, dass das Hirn herausspritzte.»
Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 21

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Das Schicksal von Kaspar Andacher, zu jener Zeit Kaplan in Kehrsiten

«Hochwürden Herr Kaspar Andacher, Kaplan, hielt schon 8 Tage vor dem 9. Herbstmonat [September] die Heilige Messe auf einem Tische, ob einem Stalle, da fast täglich Kanonenkugeln gegen die Kapelle flogen, aber nie angingen. Er konnte sein Leben retten in den Wäldern und flüchtete sich am 9. mit seiner Magd, Jungfrau Franziska Schürf, auf Trogen und Hammerschwand: verlor den Vater und zwei Brüder im Kampfe gegen die Feinde. Diese alle waren altgesinnt.»
Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 541

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Gaffer anno 1798

«Joseph Maria Huser vom Ennetbürgen war 1798 Knecht in Hergiswil und im Herbstmonat in einer Alp am Pilatus. Er bezeugte: ‹Am Schlachttage waren mehrere Weltliche und auch ein geistlicher Herr aus Luzern in dieser Alp und sahen dem Kampfe zu. Als es in Kehrsiten zu brennen anfing klatschten alle auf den Händen und der geistliche Herr sagte: Warum zündet man denn nicht auch dort den Pfarrhof an?›»
Franz Joseph Gut: Überfall. Stans 1862, S. 403

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Aus der frühen Geschichte von Kehrsiten

Urkundlich wird Kehrsiten erstmals 1218 erwähnt (Chirsitun). Anlässlich der habsburgischen Hausteilung im Jahr 1232 wurde es, zusammen mit Hergiswil, an die ältere Linie unter Rudolf IV. geschlagen; das übrige Nidwalden fiel an die jüngere Linie Habsburg-Laufenburg. In den nachfolgenden Auseinandersetzungen gehörten Hergiswil und Kehrsiten stets zu den Gegnern der Nidwaldner.

Die langjährige Bindung der Leute aus Kehrsiten zu Luzern zeigte sich unter anderem darin, dass die Bauern und Fischer vom Fuss des Bürgenbergs ihre Produkte auch nach 1378 lieber in Luzern verkauften als auf dem Markt in Stans, denn der Weg über den See war schneller und einfacher zu bewerkstelligen als über Land nach Stans.

Das Geschlecht der von Kirsiten wird 1372 erstmals im Zusammenhang mit den Steuergesellen von Stansstad erwähnt und ist vermutlich 1780 ausgestorben.

1378 kaufte sich Hergiswil vom Stift im Hof zu Luzern los. Durch Schiedsspruch wurde damals festgelegt, dass der Wald hinter Kehrsiten mit der Untermatt bis hinauf zur Wasserscheide zu Luzern, der Rest der Nordflanke – mit Kehrsiten und der Obermatt – zu Nidwalden gehören soll. Diese Grenze zwischen den Kantonen Nidwalden und Luzern besteht heute noch.

Kehrsiten durfte sich Nidwalden anschliessen. Mit Stansstad bildete Kehrsiten bereits im Jahre 1420 eine gemeinsame Körperschaft.

Angaben von Rafael Schneuwly, Mitglied der Kulturkommission Stansstad und der Projektgruppe

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Kehrsiten seit 1879 auch auf der Strasse erreichbar

Jahrhunderte lang war Kehrsiten praktisch nur auf dem Wasser erreichbar. 1878/79 wurde die Strasse nach Stansstad gebaut. Der Bau kostete 47‘000 Franken und wurde von der Kehrsitener Bevölkerung grossenteils selber bezahlt sowie in Fronarbeit aus dem Fels gehauen. Gleichzeitig begann der fahrplanmässige Schiffverkehr nach Luzern und Stansstad.

Nur wenige Jahre früher datieren erste Strassenbauten an anderen prekären Stellen des Vierwaldstättersees. Am Lopper konnten 1861 erstmals Postkutschen ihren Dienst aufnehmen und anschliessend durch das Obwaldnerland und über den Brünig fahren. Kurz danach, 1864, wurde die Axenstrasse von Sisikon nach Flüelen eröffnet.

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Die bewegte Geschichte der Kapelle Maria in Linden in Kehrsiten

«Die Kapelle unserer Lieben Frau wurde um 1616 an der Stelle erbaut, wo zwei Fischern vier Jahre zuvor in dem Geäst zweier Lindenbäume die Muttergottes erschienen sein soll. Um 1674 fand eine bedeutende Reparatur der Kapelle statt, zu welcher der Landrat vier kleine Eichen und eine Tanne bewilligte. 1753 erlaubte der Landrat die Stiftung einer ständigen Seelsorge.»
Kehrsiten, Kapelle Maria in Linden
Kehrsiten, Kapelle Maria in Linden, Deckengemälde in Erinnerung an die legendenhafte Erscheinung der Mutter Gottes
Kurt Messmer

«1758 wurde dem Baumeister Johann Antoni Singer in Luzern der Neubau der Kapelle übertragen. Die Dimensionen werden im Vertrag auf 60 Schuh Gesamtlänge, 30 Schuh Breite und 24 Schuh Höhe festgesetzt. Die Weihe fand erst 1768 statt.

Den 9. September 1798 ward diese Kapelle von den Franzosen in Brand gesteckt. Die Wiederherstellung erfolgte, wie der Augenschein zeigt, mit Benutzung des ausgebrannten Gemäuers, doch finden sich in der Kapellenrechnung von 1799–1801 93 Taglöhne, ‹des Tags 1 Gulden und 5 Schilling› für den Maurermeister verrechnet.

Der schlanke Bau mit dem halbrunden Chor und der Giebeltreppe bietet in seiner Umgebung von alten Pappeln ein ungemein ansprechendes Bild. Über dem rundbogigen, 1758 datierten Sandsteinportal hängt ein kleines Gemälde, das die wunderbare Muttergotteserscheinung darstellt und die Kapellgeschichte bis zum Jahre 1800 in längerer Legende erörtert.

Der Kapellenschatz, bestehend aus einer Monstranz und einem Kelch etc., wurde 1798 gerettet. Heute finden sich darin eine getriebene, kupferversilberte Kreuzpartikelmonstranz Louis XIV, 45 cm hoch, eine silberne, 54 cm hohe Monstranz Louis XVI und ein 26 cm hoher Kelch gleichen Stils.»

Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwalden Reihe: Kunstdenkmäler der Schweiz. Robert Durrer. Basel (1920–1928) 1971, S. 360–362 (gekürzt und ohne Anmerkungen)

Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwalden Reihe: Kunstdenkmäler der Schweiz. Robert Durrer. Basel (1920–1928) 1971, S. 360–362 (gekürzt und ohne Anmerkungen)
Kehrsiten, Kapelle Maria in Linden
Kehrsiten, Kapelle Maria in Linden, nach der Zerstörung von 1798 auf den Grundmauern neu errichtet 1799–1801
Kurt Messmer
Kehrsiten, Kapelle Maria in Linden
Kehrsiten, Kapelle Maria in Linden, Madonna mit Kind, angefertigt 1957 von Beat Gasser, Lungern
Kurt Messmer